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    Schwedische Eurovisionshysterie

    Als der Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte Anfang des Jahres verkündete, Schweden könne sich höchstens eine Woche lang gegen Eindringlinge verteidigen, ging zwar ein leichtes Raunen durchs Land, aber wirklich aufgeregt hat sich niemand. Hätte hingegen der Unterhaltungschef des staatlichen Fernsehens angedeutet, dass kein Geld für eine Teilnahme am ESC vorhanden ist, wären die Nordlichter wohl kollektiv in Ohnmacht gefallen. Der Eurovisions-Wettbewerb ist nämlich eine nationale Angelegenheit. Er muss mit größer Sorgfalt und Ernsthaftigkeit vorbereitet und möglichst bitte auch gewonnen werden. Daher überlässt man nichts dem Zufall. Schon im Februar beginnt ein Vorausscheid-Marathon, der sich gewaschen hat. Er besteht aus insgesamt sechs abendfüllenden Sendungen mit vier Viertelfinalen, einer eigenen Show für…

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    Wie heißt denn die Kleine? Erst mal gar nicht!

    Finden Sie auch die nordischen Kindernamen so schön? Ronja, Finn, Nils, Lasse, Linnea, das klingt nett, natürlich und gesund. Wer so heißt, schmeißt sich nicht Donnerstagabend im Edeka auf den Fußboden und heult. Aber auch in Schweden gibt es reichlich Kevins, Melvins, Liams und Bennys. Besonders Letztgenannter befindet sich von Geburt an in der Gefahrenzone, denn es ist statistisch belegt, dass Jungs, deren Namen auf y enden, überdurchschnittlich oft eine kriminelle Laufbahn einschlagen. Außerdem sind sie ärmer als die anderen und wohnen in heruntergekommenen Neubauvierteln. Grund genug also, sich bei der Namenswahl ein bisschen anzustrengen. Und sich Zeit zu lassen. In Schweden muss man nämlich den Nachwuchs erst drei Monate…

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    Die Jahreszeiten

    Schweden ist ein Sommerland, das ist klar. Fahren Sie im Juli hier herum, stürzen Sie von einem Volksfest ins nächste, wimmelt es auch im verschlafensten Städtchen vor Menschen, finden Sie auf der Terrasse Ihres Lieblingsrestaurants kaum einen Platz. Leichtbekleidete Blondinen stromern durch die netten Läden, zufriedene Kinder grinsen Sie fröhlich aus ihren Bollerwagen an, und an den Badestränden ist alles eitel Sonnenschein. Wie gesagt, Juli. Kommen Sie aber zwei Monate später wieder, glauben Sie, dass eine heimtückische Seuche das ganze Land dahingerafft hat. Vorbei mit lebendigen Strassen, die Außenplätze der Restaurants sind seit langem abgebaut (versuchen Sie mal, mit Fausthandschuhen Spaghetti zu drehen), in den Kaufhäusern wühlen gestresste Familien mit…

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    Freunde bekommen

    Haben Sie die Schweden als offenherzige, freundliche Gastgeber erlebt? Das sind sie auch. Man kann mit ihnen rauschende Feste feiern und sie immer um Hilfe bitten, wenn es mal irgendwo klemmt. Aber ab einem bestimmten Punkt ist Schluss. Im Herzen des Schweden ist ziemlich weit vorne ein kleines Pförtchen eingebaut, das er nicht ohne weiteres für Fremde aufmachen will. Wenn man Sie zu sich nach Hause einlädt, ist viel gewonnen, aber erwarten Sie nicht den großen Durchbruch. Gewöhnen Sie sich lieber daran, dass Sie sich auch nach 10 Jahren im Kreise Ihrer zugereisten deutschen Freunde heimischer fühlen als unter Ihren schwedischen Nachbarn. Was für den Film gilt, kann mal allerdings…

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    Bitte ziehen Sie eine Nummer

    Bitte beachten Sie das folgende Kapitel, wenn Sie in der Apotheke, am Käsestand oder beim Arzt nicht stundenlang warten und entsetzt zusehen wollen, wie Leute, die später als Sie gekommen sind (also Kunden niederen Ranges), sich einfach an Ihnen vorbeischieben und ihre Wünsche vortragen. Denn in Schweden wurde der Albtraum aller vorbildlichen Warter gebannt, die Frage „Wer ist denn hier der Letzte?“ ein für allemal beantwortet. Der Letzte ist immer der ohne Nummerzettel! Machen Sie es sich daher zur Angewohnheit, beim Eintreten in jegliche öffentliche Räume zuerst nach der kleinen, meist roten Rolle zu suchen, die irgendwo herumhängt und auf Zug oder Knopfdruck Ihren Berechtigungsschein für baldige Bedienung ausspuckt. Ob…

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    Schwedische Gardinen

    Um es gleich vorwegzunehmen: Man muss kein Einrichtungsfanatiker sein, um in Schweden zu leben. Aber es erleichtert. Denn hier ist Homestyling schwer angesagt, und das auch in der kleinsten Hütte. Ich habe mal in unserer Dorftankstelle die angebotenen Wohnmagazine durchgezählt: 16 Stück. Die Einrichtungsblogs im Internet lassen sich schon gar nicht mehr in Ziffern erfassen. Es scheint, als ob jeder, der gerade ein bisschen renoviert oder öfter mal seine Kissen auswechselt, dazu den passenden Blog betreibt. Die Homeblogger besuchen sich mit Vorliebe gegenseitig, so dass es nie an lesewilligem Publikum fehlt. Die schwedische Lust am Einrichten treibt zuweilen seltsame Blüten, eine davon nennt sich Weihnachtsgardinen. Es wird mehr oder weniger…

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    Mittsommer

    Als Schwedenkennern und -liebhabern ist Ihnen natürlich das Mittsommerfest ein Begriff – nicht erst seit der IKEA-Werbung. Bekränzte Frauen und Kinder in Trachten, fröhliche Tänze, ausgelassene Stimmung. Doch haben Sie schon einmal hinter die Fassaden dieses Festes gucken dürfen? Alles fängt Wochen vorher mit dem Backen der sagenhaften Bullar, dieses herrlichen Hefegebäcks an. Wenn man Sie einlädt, Vorstandsmitglied in einem Heimatverein, Ruderklub oder einer anderen Interessengemeinschaft zu werden, sollten Sie Ihre Backbereitschaft vorher kritisch hinterfragen. Bei uns handelt es sich jährlich zu Mittsommer um 100 Bullar und einen Sandkuchen. Pro Vorstandsmitglied also. (Ihnen kann ich es ja verraten: Ich bestelle die ganze Ladung immer bei einem Freund der Familie, der…

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    Krebsfest

    Gleich nach dem Mittsommerfest kommt (sowohl von der Bedeutung her als auch zeitlich gesehen) das Krebsessen. Klingt harmlos, ist es aber nicht. Die Hauptdarsteller des Abends sind kolossale rote Krebsviecher, die man in Dillsauce gekocht hat. Da die schwedischen Krebse seit langem mit diversen Krebskrankheiten infiziert sind, werden die Leckerbissen nun aus Amerika, China oder Indien importiert, wo man sie nach echtem schwedischem Rezept zubereitet und dann eingefroren hat. Unbedingtes Zubehör zum Krebsfest sind: Lampions, wegen der Stimmung. Papphüte, wegen der Stimmung. Papierlätzchen, wegen der Krebssauce, die hundsgemeine Flecken macht. Und natürlich das unvermeidliche Liederheft. Die Arten des Krebsessens sind so verschieden wie die Esser, vom vorsichtigem Zupfen am Schwanzteil…

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    Saufen mit System

    „Zu viel kann man wohl trinken, doch nie trinkt man genug.“ Nein, das war nicht Strindberg, sondern Lessing. Ob in Schweden zuviel oder gar falsch getrunken wird, darüber erhitzen sich die Gemüter seit Jahren. Besonderen Schwung nahmen die Streitigkeiten nach Schwedens Beitritt zur EU, denn durchschnittliche Europäer können über die hiesige Art, der Promille Herr zu werden, nur den Kopf schütteln. Stellen Sie sich vor, Sie betreten ein leicht unanständiges Geschäft. Sie wissen genau, dass Ihre Nachbarn, Kollegen und Verwandten auch dort einkaufen. Man packt Ihnen die (kräftig überteuerte) Ware in einen völlig neutralen Beutel, den alle auf der Straße sofort wiedererkennen. Mit anderen Worten – Sie fühlen, dass Sie…

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    Autoland Schweden

    Schweden, das Land all der schönen Volvos und Saabs, ruft seinen Fuhrpark jährlich zum TÜV. Dort wird nicht auf Schönheit, sondern auf Fahrtauglichkeit geprüft, weshalb viele Rostlauben noch mal eine Runde dabei sein dürfen. Als Autofahrer haben Sie ein paar Meter nach dem Passieren des verwaisten Zollgebäudes im Fähranleger das erste Aha-Erlebnis. Diese Strassen! Gerade, breit, gepflegt, menschenleer! Ihr Wagen gleitet leise dahin und fühlt sich selber wie im Urlaub, Sie freuen sich mit. Langsamer fahrende Autos machen Ihnen aufmerksam Platz, das Überholen ist ein Kinderspiel. Auch in den Städten: Keine Drängler, keine Hitzköpfe, niemand, der sich vor Ihnen in die Parklücke schiebt. Nach drei Wochen Schweden können Sie das…

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